18. September 2024
ca. 8 min
Studieren mit Körperbehinderung – Herausforderungen und mögliche Lösungen
Wer mit einer Körperbehinderung studieren möchte, steht womöglich vor einigen besonderen Herausforderungen. Allerdings können Faktoren wie die Wohnungssuche oder die Finanzierung des Studiums mit einem ausreichenden Hintergrundwissen gut gemeistert werden. Hier bekommst du einen kurzen Überblick über wichtige Aspekte.
Die erste eigene Wohnung
Viele Menschen verbinden den Beginn des Studiums mit einem Auszug aus dem Elternhaus. Die Herausforderungen bestehen dabei aufgrund des Wohnungsmangels oftmals darin, überhaupt ein Apartment zu finden, das zusätzlich noch bezahlbar ist.
Basics zu möglicherweise passenden Wohnungen: Welche Begrifflichkeiten gibt es?
Menschen mit Behinderung müssen neben diesen beiden Aspekten darauf schauen, dass die Wohnung einen für sie leichten Alltag ermöglicht. Dabei gibt es je nach den individuellen Umständen mehrere Begrifflichkeiten, die eine Relevanz haben können.
Dazu gehört unter anderem die Barrierefreiheit. Eine Wohnung, die die entsprechenden Kriterien erfüllt, kann von Menschen unabhängig von ihren körperlichen Einschränkungen ohne Probleme bewohnt werden. Dafür gibt es einen gewissen Standard in Form einer DIN-Norm.
Rollstuhlgerecht wiederum ist ein Apartment dann, wenn es dem Bewohner ausreichend Platz bietet, um sich in jedem Raum mit einem Rollstuhl frei bewegen zu können. Zwischen den beiden Standards können also durchaus Unterschiede bestehen.
Ein letzter Terminus, der in einigen Fällen Anwendung findet, ist barrierearm. Bei solchen Wohnungen kommt es stark auf den individuellen Fall an, ob sie einen problemfreien Alltag ermöglichen oder nicht. Das gilt deshalb, da hinter diesem Begriff kein wirklicher Standard steht, er also einen gewissen Auslegungsspielraum mit sich bringt.
Anlaufstellen für die Suche
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, auf den bekannten Börsen im Netz nach einem entsprechenden Apartment zu suchen. Zusätzlich haben viele Städte eigene Portale, in denen Wohnungen angeboten werden.
Um etwas effizienter ans Ziel zu kommen, ist es womöglich sinnvoll, dich im Rahmen der Suche mit bestimmten Anlaufstellen in Verbindung zu setzen. Hierzu zählt unter anderem das Wohnungsamt der jeweiligen Stadt.
Diese Behörde hat oftmals einen guten Überblick darüber, welche kommunalen und privatwirtschaftlich angebotenen Wohnungen barrierefrei sind. Ebenfalls hilfreich ist der Kontakt zu Verbänden, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzen. Darüber hinaus besteht die Option, dass du dich an das Familienportal der Bundesregierung oder das Portal „einfach teilhaben“ wendest.
An der Universität: Barrierefreiheit und Nachteilsausgleich
Bei der Wahl der Universität solltest du ebenfalls einige wichtige Aspekte beachten. Schließlich sollte der Zugang zu den Gebäuden auf dem Campus barrierefrei sein, um deinen Alltag ohne große Herausforderungen meistern zu können.
Unterschiede von Hochschule zu Hochschule
Dabei kann es von Hochschule zu Hochschule durchaus Unterschiede geben. Einige Universitäten sind mit einem Blick auf den behindertengerechten Zugang bereits relativ weit fortgeschritten, anderen hinken noch ein wenig hinterher.
Das liegt unter anderem daran, dass bei denkmalgeschützten Gebäuden Kompromisse gemacht werden müssen, der barrierefreie Zugang andererseits bei Neubauten von öffentlichen Gebäuden verpflichtend ist.
Dementsprechend ist es sinnvoll, dass du dich bei der Universität, die du im Auge hast, umfassend über die aktuellen Zustände informierst. Im besten Fall schaust du dir das Ganze einmal vor Ort an, um zu überprüfen, ob die Zugänge für dich ausreichend sind.
Diesen Besuch kannst du dann mit einer Probevorlesung verbinden. So bekommst du gleichzeitig zumindest einen kurzen Eindruck von deinem zukünftigen Studienfach und der Atmosphäre an der Hochschule.
Nachteilsausgleich an der Hochschule – Diese Vorteile sind gesetzlich geregelt
Hochschulen bieten Studierenden mit Behinderung einen sogenannten Nachteilsausgleich. Hierzu besteht eine gesetzliche Verpflichtung. Gleichzeitig darf nicht im Zeugnis vermerkt werden, dass du diese Optionen in Anspruch genommen hast. Das Ziel dieser Maßnahmen ist es, wie der Name bereits vermuten lässt, sicherzustellen, dass du durch deine Einschränkungen gegenüber deinen Kommilitonen keinerlei Nachteile hast.
Ob und wie weit du hiervon profitieren kannst, wird immer im Einzelfall auf Grundlage einer oder mehrerer ärztlicher Bescheinigungen entschieden. Was möglich ist, zeigt sich beispielhaft bei einem Blick auf die Webseite der Hochschule Darmstadt.
Hierzu zählen beispielsweise die Umwandlung von Prüfungsformen oder das Gewähren einer verlängerten Prüfungszeit. Auch eine Platzreservierung für eine Prüfung kann eine Maßnahme des Nachteilsausgleichs darstellen.
Bei den Studienbedingungen gehören unter anderem das Verschieben von Prüfungsterminen und die Verlängerung von Abgabefristen zu den Möglichkeiten. Zudem kannst du dich phasenweise von der Anwesenheitspflicht befreien lassen und Gelegenheit erhalten, Termine für Therapiemaßnahmen wahrzunehmen. Als Hilfsmittel für den Alltag sind individuell angepasste Arbeitsplätze denkbar.
Finanzierung des Studiums
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Finanzierung deines Studiums. Neben den Lebenshaltungskosten gehören hierzu je nach Studiengang die Semesterbeiträge sowie entsprechende Gebühren. Als Mensch mit Behinderung hast du verschiedene Möglichkeiten, auf die du zurückgreifen kannst, um dir ausreichend finanzielle Mittel zu sichern.
Werkstudentenstellen und Minijobs
Dazu gehören unter anderem Werkstudentenstellen oder Minijobs. Je nach Tätigkeit kannst du deine Aufgaben im Homeoffice ausführen, was für dich viele positive Seiten hat. Das gilt zum Beispiel oftmals dann, wenn du Umfragen über das Internet oder das Telefon betreust.
Eine Werkstudentenstelle hat zwar nicht immer, aber häufig einen inhaltlichen Bezug zu deinem Studienfach. Der große Vorteil hierbei besteht darin, dass du dich den ganzen Tag mit einem Themenbereich beschäftigen kannst, der dir großen Spaß bereitet und der auch in deiner zukünftigen Karriere eine Rolle spielen wird.
Weitere Optionen zur Finanzierung: BAföG und andere Leistungen
Wie alle anderen Studierenden kannst du BAföG beantragen, um deinen Lebensunterhalt zu sichern. Dabei profitierst du allerdings über die gewöhnliche Bewilligung hinaus von der ein oder anderen Besonderheit.
Das gilt zum einen mit einem Blick auf die Mehrkosten, die dir und deinen Eltern möglicherweise durch deine Situation entstehen. So kannst du einen Härtefreibetrag beantragen, der sich auf eben diese Anrechnung des Einkommens deines Vaters und deiner Mutter bezieht.
Gewöhnlich endet das BAföG mit der Regelstudienzeit. Falls du jedoch aufgrund deiner Einschränkungen mehr Zeit bis zum Abschluss benötigst, gibt es auch diesbezüglich eine Ausnahmeregelung für Menschen mit Behinderung – du bekommst das BAföG dann länger.
Des Weiteren kannst du die Eingliederungshilfe für studienbedingten Mehrbedarf beantragen. Das kann Fahrten mit einem Fahrdienst oder die Kosten für Lernmittel beinhalten.
Schlussendlich besteht die Option, überprüfen zu lassen, ob dir Pflegegeld oder Pflegesachleistungen zustehen. Allerdings kommt es hierbei auf den Einzelfall und die entsprechenden Umstände an.
Der Alltag rund um das Studium: Bedeutung des Schwerbehindertenausweises
Eine weitere Erleichterung deines Alltags kann ein Schwerbehindertenausweis bieten. Neben den bereits angeklungenen Nachteilsausgleichen, die im Gesetz festgeschrieben sind, kannst du hierüber in einigen Situationen Vergünstigungen erhalten.
Möglich ist das beispielsweise in Kinos, Schwimmbädern oder Museen. Wenn du dich mit dieser Option bisher noch nicht beschäftigt haben solltest, findest du im Netz einige Antworten auf die zentralen Fragen zum Thema.
Bei einem Schwerbehindertenausweis handelt es sich um einen bundesweit einheitlichen Ausweis, mit dem du deinen Status als schwerbehinderte Person und den entsprechenden Grad nachweisen kannst. Grundsätzlich ist die Voraussetzung für einen solchen Ausweis ein Grad der Behinderung, der bei 50 oder mehr liegt. Zudem musst du einen Wohnsitz in Deutschland nachweisen, in Deutschland arbeiten oder dich gewöhnlich in der Bundesrepublik aufhalten. Beantragt wird der Ausweis beim zuständigen Versorgungsamt, wobei medizinische Nachweise als Grundlage dienen.
Option eines Fernstudiums
Alternativ zu einem herkömmlichen Studium kannst du überlegen, ob vielleicht ein Fernstudium für dich geeignet wäre. Der Vorteil dabei besteht darin, dass du die Inhalte zuhause erarbeitest und oftmals kaum oder keinerlei Präsenzpflicht hast. Das spart dir im Alltag viel Zeit und Aufwand.
Informiere dich ein wenig, ob es in dem Fachbereich, den du gerne studieren möchtest, entsprechende Angebote gibt. Je nach individuellen Einschränkungen solltest du zudem überprüfen, ob die Materialien im jeweiligen Studiengang barrierefrei zur Verfügung gestellt werden.
Die grundsätzlichen Vorteile eines Fernstudiums liegen im äußerst hohen Maß an Flexibilität. Gleichzeitig kannst du das Fernstudium womöglich einfacher mit deiner beruflichen Tätigkeit vereinbaren.
Andererseits solltest du dir die Nachteile bewusst machen. Noch mehr als in einem herkömmlichen Studium bist du mit einem Blick auf die Motivation und Organisation deines Lernalltags auf dich alleine gestellt. Zudem gibt es einige Fächer, die für diese Art des Studiums nicht geeignet sind und aus diesem Grund womöglich gar nicht angeboten werden.
Fazit
Mit einer Körperbehinderung zu studieren, kann einige Herausforderungen mitbringen, für die es allerdings Lösungen gibt. Bei der Wohnungssuche kannst du dich vom Wohnungsamt vor Ort unterstützen lassen. Viele Hochschulen sind mittlerweile barrierefrei, im Rahmen deines Studiums steht dir vom Gesetzgeber her ein Nachteilsausgleich zu. Zur Finanzierung kannst du einem Job im Homeoffice nachgehen oder BAföG und weitere Leistungen beantragen – beim BAföG profitierst du von einigen Sonderregeln. Einen weiteren Mehrwert für einen Alltag bietet der Schwerbehindertenausweis. Schlussendlich kannst du überlegen, ob ein Fernstudium für dich geeignet wäre, da du hierdurch in deinem Alltag viel Zeit und Aufwand sparst.
Bildquellen:
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